Als wir von der Oberbayerngruppe des TMOC beim letzten Stammtisch zusammensaßen, gut gegessen und getrunken hatten und grad feste am Ratschen, Entschuldigung, Fachsimpeln waren, kam das Gespräch wieder einmal auf eine gemeinsame Ausfahrt, nach Möglichkeit sogar mit Übernachtung. Die erste Begeisterung war auch sehr groß, ein Termin war auch sehr schnell gefunden, weil beim Autor dieses Berichtes nur das Wochenende vom 15. auf 16. Oktober möglich war.
Wie es halt immer so ist, schieden damit natürlich auch einige aus, die entweder familiär, beruflich, oder wegen Knie OP an diesem Wochenende keine Zeit hatten. Aber alle unter einen Hut zu bekommen ist bekanntlich schwieriger, als einen Sack Flöhe zu hüten und somit war der Termin schon mal fix. Wohin es gehen sollte, wurde noch nicht festgelegt, weil wir das ein bisserl von der Wettervorhersage abhängig machen wollten. Im Gespräch war Niederösterreich, oder auch bayerischer Wald. Doch es sollte ganz anders kommen.
Der Termin rückte näher und die Wettervorhersage war mehr als unzuverlässig für dieses Wochenende. Alle Zweifel wischte ich aber vom Tisch, denn mein unverbrüchlicher Optimismus sagte mir: “Der Föhn wird uns retten.“
Und tatsächlich, Samstagmorgen regnete es Bindfäden und Barbara, Achim und Thomas wurden noch tüchtig nass auf der Fahrt zu mir. Abfahrt war gegen 11.00 Uhr angepeilt, Kaffee, Brezen und Frühstück standen bereit. Also erstmal Regenklamotten aus und gemütlich gemacht um den Esszimmertisch. Als meine beste Ehefrau von Allen gegen 11.30 Uhr heimkam, wunderte sie sich nicht schlecht, dass wir noch nicht weg waren, sondern uns im Gegenteil gerade überlegten, ob wir überhaupt noch fahren, oder uns gleich die erste Halbe gönnen sollten.
Nein, so schlimm war es natürlich nicht, aber in der Zwischenzeit war das Wetter erheblich besser geworden, man sah schon die Berge bläulich am Horizont und die Straßen waren nicht mehr patschnass. Also rauf auf die Böcke, Foto gemacht und ab gings!
Ja, aber wohin?
Genau eine Woche zuvor hatte ich zufällig einen Bericht auf einer allseits bekannten Internetvideoplattform über die Kaunertaler Gletscherstraße gesehen und dieses Highlight wollten wir uns zum Saisonabschluss gönnen. Thomas hat dann kurz vor Imst ein solides Hotel gefunden. Damit war die grobe Route klar.
Erster Halt am Plansee und, mein Gefühl hatte recht behalten, die Sonne schien, tolle Wolkenstimmung, es wurde warm, unsere Stimmung stieg mit jedem Kilometer, nur meine Calimoto Navi-App machte mir zu schaffen, aber, wenn man vergisst, am Handy die Standorterkennung einzuschalten, ist das auch kein Wunder. Die Sache war mir dann so peinlich, dass Barbara, Achim und Thomas erst jetzt durch den Artikel davon erfahren…
Weiter gings nach kurzer Fotopause ins Namlostal. Perfekte Motorradbedingungen, kein Verkehr, keine Knieschleifer, sodass wir Motorradwanderer unseren Stiefel fahren und jederzeit anhalten konnten um zu fotografieren, trinken, pinkeln, ratschen… und so wurde es 14.00 Uhr, höchste Zeit für ein Mittagessen und da wir eh auf dem Weg zum Hahntennjoch waren, kehrten wir im Gasthaus zur Gemütlichkeit ein zu Gulaschsuppe, Kaspressknödel und einem leckeren Törtchen zur Nachspeise.
So gestärkt freuten wir uns auf das nächste und zugleich letzte fahrtechnische Highlight dieses Tages, eben das Hahntennjoch. War es im Frühjahr noch gesperrt, konnten wir jetzt ungehindert, auch wieder bei kaum Verkehr, die Kurven und die wirklich fantastischen Ausblicke genießen. Wilde Wolkenstimmungen sorgten für immer neue Lichtblicke und einmal über die, na ja, Pässchenhöhe drübergefahren, fuhren wir mit leichtem Magengrummeln durch die gigantischen Murenhänge und die teilweise komplett neue Straße zeigte uns deutlich, dass die letzten Lawinenabgänge noch nicht so lange her sein konnten.
Direkt am Fuße dieses Höhenrückens wartete dann auch schon das Hotel Belmont auf uns, es gab Bier, gutes Essen und ganz viel später ein gemütliches Bett. Der Klang von Kuhglocken begleitete unsere Träume.
Sonntag, 8.00 Uhr Frühstück, 9.00 Uhr Abfahrt, das Leben ist kein Ponyhof.
Trödeln war gestern, heute werden Höhenmeter geschrubbt! Herrlicher Sonnenaufgang, ein paar hohe Wolkenfelder, nichts in Sicht, was uns stören hätte können! Mein erster Gedanke: heute werden wir noch schwitzen.
Also gepackt, bezahlt, rauf auf die Moppeds und losgefahren in Richtung Wenns ins Pitztal, dann über den idyllischen Pillersee und die gleichnamige Höhe ins Kaunertal. Es ist verdammt schwierig, vor lauter schauen, eine einigermaßen stimmige Kurvenlinie zu fahren. Das weiß ich jetzt und ich glaube, den anderen Dreien ging es genauso. Wir waren mit Sicherheit nicht die schnellsten, aber bestimmt die Begeistertsten und es sollte noch viel besser werden, nämlich nach der Mautstation zur Kaunertaler Gletscherstraße. 15 Euro Gebühr sind ja nicht gerade ein Pappenstil und mussten sich auch bezahlt machen.
Und das hat es. Wieder überhaupt kein Verkehr und mit jeder Kurve wurde unser Grinsen breiter und die Ausblicke spektakulärer. Immer näher rückten die Berge zusammen und die Gipfel waren schon fast zum Greifen nah. Das Wasser des Stausees glitzerte türkis, die ersten Gletscherfelder tauchten auf, Wasserfälle direkt neben der Straße rauschten bergab, die Lärchen färbten die Hänge gelb und über allem wölbte sich ein wolkenloser stahlblauer Himmel, ein Fest der Sinne.
Dann ging es Kurve um Kurve raus aus der Latschenzone und rein in die ehemals vereisten Geröllfelder, rauf auf 2750m. Dort traf uns der Kulturschock. Menschen beinah aller Nationen bevölkerten Parkplatz und Skipiste, es ging zu wie am Brauneck bei Lenggries in den Faschingsferien.
Schnell die stilleren Örtlichkeiten besucht, ein paar Fotos geschossen und zurück in die gesellige Einsamkeit des Gruppenmotorradelns. Nach weiteren 1500 Höhenmetern, diesmal natürlich abwärts, unzähligen Kurven, ja, auch wir können wedeln, und immer neuen Perspektiven erreichten wir wieder die Mautstation. Jetzt meldete sich auch langsam unser Hunger, immerhin war es auch schon gut Mittag durch. Nach kurzer Suche fanden wir ein nettes Lokal, wir saßen herrlich in der Sonne auf dem Balkon, die Bedienung war etwas muffig, die Suppe säuerlich, der Speck hervorragend und die Aussicht einmalig. Mit geröteten Gesichtern, ich hatte ja gesagt, wir würden heute noch schwitzen, und wenn es beim Essen ist, ging es jetzt weiter Richtung Heimat, schließlich war heute noch Geburtstagsfeier von meinem Enkelchen und da sollte der Opa nicht erst zur Schlafenszeit aufkreuzen.
Also denselben Weg bis Wenns zurück, doch diesmal mit deutlich mehr Verkehr. Waren wir am Hinweg noch sehr langsam, weil wir mit dem Schauen nicht mitkamen, waren es jetzt eher sehr gemütliche Autofahrer, die uns bremsten. Ab Wenns gings dann auf die Bundesstraße. 30 langweilige Kilometer nach Telfs, um dann noch ein letztes kleines Kurvenhighlight über Leutasch, Mittenwald, Walchensee und Kesselberg nach Kochel zu fahren.
Direkt am See hielten wir noch einmal kurz an für ein letztes Gruppenfoto und um uns tränenreich, nach 2 Tagen, 400 Kilometern, etwa 50 Fotostopps und über 3000 Höhenmetern zu verabschieden.
Fazit: Meet nice people on a Triumph, der Satz könnte wahrer nicht sein. Wir hatten ein unglaublich unbeschwertes, geselliges, lustiges, konzentriertes und mit Highlights gespicktes Wochenende, wie es schöner nicht hätte sein können und zu meinem Enkerl bin ich auch noch rechtzeitig gekommen.
Vielen Dank an Barbara, Achim und Thomas, mit Euch fahre ich bis ans Ende der Welt!!
Bericht von Bernd v. Hösslin / Fotos von Bernd, Barbara, Achim und Thomas.